FDP-Kreistagsfraktion fordert Neuregelung der Finanzierung kommunaler Pflichtaufgaben

Rasche Hilfe für Kommunen lässt auf sich warten

In der letzten Sitzung des 10. Kreistages am 9. Juli standen die Jahresabschlüsse des Rhein-Neckar-Kreises, des Eigenbetriebes Bau und Vermögen und Informationstechnik sowie der Ulnerschen Stiftung auf der Tagesordnung. Die FDP-Kreistagsfraktion stimmte den  Beschlussvorschlägen jeweils zu. Kreisrat Dietrich Herold führte insbesondere mit Blick auf die seit Jahren festzustellende unzureichende Finanzausstattung der Kommunen u.a. folgendes aus:

Die Finanzausstattung der Landkreise und der Kommunen hinkt seit Jahren den Kostensteigerungen hinterher. Ständig gibt es zusätzliche Aufgaben, die altangestammten nehmen an Umfang und Intensität zu, die Ansprüche der Einwohnerschaft wachsen gleichermaßen.

Hinzu kommen Faktoren, die wir nicht beeinflussen können, die kontraproduktiv wirken. Das sind die Auswirkungen der Pandemie auf Wirtschaft und Gesellschaft, die Folgen der Aufnahmen Geflüchteter, der russische Angriffskrieg und dessen Kosten für uns, Inflation und deren soziale Abfederung, Ausgleichszahlungen im Energiesektor, die immensen Kosten für Klimaschutzmaßnahmen und Umstellung auf erneuerbare Energien, die Kostenexplosion im Gesundheitswesen, die demographische Entwicklung, der seit vielen Jahren bestehende und wachsende Investitionsstau im Wohnungsbau, bei den Schulen, im Straßen- und Schienenbau usw. usf.

Die Kommunen und Landkreise befinden sich seit langem in einer Art Teufelskreis. Das zeigt ja auch unser Jahresabschluss 2023 symptomatisch: kein Einfluss auf Ausgabensteigerung, kein Einfluss auf Einnahmenverluste. Vor drei Jahren haben aus solchem Grund Pirmasens und der Landkreis Kaiserslautern Verfassungsbeschwerde eingelegt. Auf Rettung aus Karlsruhe warten sie noch immer. Man darf gespannt sein, ob das bekannte und bewährte „Bestellerprinzip“ bestätigt oder aufgehoben wird. Verwässert ist es ja schon lange, denn Vieles, was Bund oder Land bei den Kommunen und Kreisen bestellen, wird diesen nur unzureichend bezahlt.

Die chronische mangelhafte Finanzausstattung führt zu chronischem Kreditbedarf. Und dies ist nur ein Teil des Dilemmas. Die Kreise haben die Kreisumlage als Finanzierungsinstrument. Doch gibt es für die Gemeinden eine „Erdrosselungsgrenze“? Und wenn ja, wo liegt sie? Sind die Gemeinden verpflichtet, unabhängig von ihrer Leistungsfähigkeit das zu geben, was der Kreis – rechtlich zulässiger Weise – fordert?

Hinsichtlich der Länder im Bezug zum Bund gilt dies offenbar, denn das LVerfG Sachsen-Anhalt sagt: Zu mehr als die eigene finanzielle Leistungsfähigkeit zulässt, ist das Land nicht verpflichtet.

Das GG gibt eine absolute Untergrenze zur finanziellen Unterlegung kommunaler Selbstverwaltung nicht her.

Und damit schließt sich der Teufelskreis: Die verfassungsrechtlich garantierte kommunale Selbstverwaltung wird quasi hinterrücks, dennoch ersichtlich und scheinbar (noch) legal, finanziell so lange ausgehöhlt, bis die Zwangsverwaltung die Selbstverwaltung ersetzt. Sparen und Kostenoptimierung halten den Prozess lediglich auf. Das beschriebene Dilemma – Bundesverwaltungsgericht contra Landesverfassungsgericht – kann nur vom BVerfG durch ein Verbot des Wegdrückens von Lasten  auf die Kommunen gelöst werden.

Das erwarten wir vom BVerfG. Aber ob dies geschieht – und wann – ?

Geschieht nichts, wird der grundgesetzlich garantierten Selbstverwaltung der Kommunen das Kreuz gebrochen. Verfassungsbruch durch die Hintertür, Beerdigung der bürgerschaftlichen Selbstbestimmung, Quasi-Zentralismus wie in Frankreich? Keine schönen Perspektiven.

Und noch etwas: Auch Investitionen in die existenziell notwendigen Klimaschutzmaßnahmen werden nicht mehr finanzierbar sein!

Was wir brauchen und vom BVerfG erwarten ist eine Verpflichtung von Bund und Ländern zur Neuregelung der Finanzierung kommunaler Pflichtaufgaben, etwa durch einen ausreichend hohen Anteil an den Gemeinschaftssteuern oder kurz: Bestätigung des Prinzips „Wer bestellt bezahlt“. Da wir uns leider nicht darauf verlassen können und wollen, dass eine solche Entscheidung bald kommt, müssen wir versuchen, uns wenigstens ein wenig selbst zu helfen. Die FDP-Fraktion hat sich damit bereits befasst und wird hierzu Vorschläge für die Haushaltsberatungen einbringen. Die Liste enthält sieben Punkte und ist nach oben noch offen.